Demokratiekrise: Per Los zusammengestellter Bürgerrat erarbeitet Lösungen

15. Juli 2019 Simon Strohmenger

Mit dem Bürgerrat Demokratie startet ein in Deutschland bisher einmaliges Modellprojekt, um Wege aus der Demokratiekrise zu finden. Per Zufall ausgewählte Bürger und Bürgerinnen erarbeiten konkrete Vorschläge zur Stärkung der Demokratie. Aufgegriffen wird die Frage der von der Bundesregierung geplanten Expertenkommission zum Demokratieausbau, „ob und in welcher Form unsere bewährte parlamentarisch-repräsentative Demokratie durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzt werden kann.“ Vorbild für den Prozess sind die guten Erfahrungen mit per Los zusammengestellten Bürgerversammlungen in Irland, die so die Volksabstimmung zur Ehe für alle und das neue Abtreibungsrecht vorbereiteten.

Zur Vorbereitung des gelosten Bürgerrats fand am 15. Juli die abschließende Regionalkonferenz in München statt, auf der Politiker und Bürger gemeinsam diskutierten, woher die Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie rührt und wo neue Lösungen nötig sind.

„Unser politisches System steht unter Druck und eine Kluft zwischen Parlament und Bürgerschaft tut sich auf. Uns fehlen Formate, die die Interessen aller integrieren, zu schnellen Lösungen führen und einen demokratischen Zusammenhalt liefern. Irland lebt uns gerade lebendige Demokratie vor: Hier arbeiten bereits Parlament, Bürgerräte und direkte Demokratie vorbildhaft zusammen und erreichen befriedende Lösungen in strittigen Fragen“, sagt Claudine Nierth, Vorstandssprecherin des Vereins Mehr Demokratie und Mit-Initiatorin des Bürgerrats. 

Weitere Regionalkonferenzen in Erfurt, Schwerin, Koblenz Gütersloh und Mannheimhaben bereits stattgefunden jeweils mit Beteiligung prominenter Politikerinnen und Politiker. Der gesamte Bürgerrat Demokratie findet in enger Anbindung an die Politik statt. Die Regierungsfraktionen, Mitglieder der Opposition und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble unterstützen das Vorhaben und werden die Ergebnisse im November 2019 entgegennehmen. „Gerade weil die wachsende Komplexität im rasanten gesellschaftlichen Wandel die repräsentative Demokratie noch wichtiger macht, sollten wir dafür sorgen, dass sie wieder für mehr Bürger interessant wird, sie sich wirklich vertreten fühlen“, schreibt Schäuble in einem Grußwort zum Bürgerrat. 

Das Projekt wird begleitet von einem Beirat aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, dem neben zahlreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bisher folgende Organisationen angehören: Allianz für vielfältige Demokratie, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, Bund der Steuerzahler Deutschland, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Bundesverband Deutscher Stiftungen, Bündnis für Gemeinnützigkeit, Diakonie Deutschland, BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen), Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutscher Städte und Gemeindebund, Zentralkomitee der Deutschen Katholiken.

+ Alle Infos zum Bürgerrat und zeitlicher Ablauf: https://www.buergerrat.de

+ Beirats-Mitglieder, Initiatoren und Durchführende im Überblick: https://www.buergerrat.de/ueber-uns/

+ Regionalkonferenzen im Überblick: https://www.buergerrat.de/buergerrat/regionalkonferenzen/

+ Grußwort von Wolfgang Schäuble: https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Buergerrat/Grusswort_Dr._Wolfgang_Schaeuble__Praesident_des_Deutschen_Bundestages.pdf