Bundestagspräsident unterstützt Bürgerrat

„Möglichkeiten für Bürger nicht ausgeschöpft“

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) unterstützt den Bürgerrat Demokratie. In einem Grußwort wünscht er dem Modellprojekt eine rege Beteiligung: "Gerade weil die wachsende Komplexität im rasanten gesellschaftlichen Wandel die repräsentative Demokratie noch wichtiger macht, sollten wir dafür sorgen, dass sie  wieder für mehr Bürger interessant wird,  sie sich wirklich vertreten fühlen."

.

Wolfgang Schäuble / Bild: Laurence Chaperon

„Die parlamentarische Demokratie hat unserem Land eine historisch beispiellose Phase politischer Stabilität ermöglicht. Dennoch steht das Prinzip der Repräsentation 70 Jahre nach Verkündung des Grundgesetzes erkennbar unter Druck. Es scheint nicht mehr hinreichend in der Lage, die Bürger zu erreichen. Die Kritik richtet sich gegen vermeintlich abgehobene Eliten und zielt auf mangelnde Effizienz und Kontrollverlust der Politik angesichts der Herausforderungen in einer globalisierten Welt. Damit verbinden sich Ängste vor dem Verlust von Identität und Zugehörigkeit, beides notwendige Voraussetzungen für die Akzeptanz des demokratischen Mehrheitsprinzips. Die Politik wird sich deshalb bewegen müssen. 

Gerade weil die wachsende Komplexität im rasanten gesellschaftlichen Wandel die repräsentative Demokratie noch wichtiger macht, sollten wir dafür sorgen, dass sie wieder für mehr Bürger interessant wird, sie sich wirklich vertreten fühlen. Veränderungen, Anpassungen, Verbesserungen sind nötig. Und sie sind möglich. Rufe nach mehr Partizipation werden schon lange laut. Einerseits. Andererseits werden vorhandene Möglichkeiten für Bürger, Einfluss zu nehmen und sich an Entscheidungen zu beteiligen, nicht ausgeschöpft. Es ist eben nicht so einfach mit der Bürgerbeteiligung. 

Die Erfahrung zeigt, dass vielfach das Bedürfnis, beteiligt zu werden, stärker ausgeprägt ist als die Bereitschaft, sich zu beteiligen. Wer mehr Beteiligung wünscht, muss sich deshalb entscheidenden Fragen stellen: Wie sollen sich die Ergebnisse solcher Beteiligungsverfahren im politischen Prozess wiederfinden? Wie lässt sich verhindern, dass die Beteiligung in den Verdacht einer ‚Alibi-Veranstaltung‘ gerät - mit der Folge, dass sie bei denen, die sich eingebracht haben, noch mehr Enttäuschung produziert? Und wie steht es um Repräsentativität und Legitimität, die am Ende nur durch die Entscheidung gewählter Vertreter sichergestellt werden können? 

Die Frage, ob und wenn ja, durch welche partizipativen Elemente die parlamentarische Demokratie ergänzt werden sollte, beschäftigt Parlamente und Parteien. Bereits heute werden mancherorts neue Formen der Bürgerbeteiligung ausprobiert. Die Bundesregierung plant, eine Expertenkommission einzusetzen, die dazu Vorschläge erarbeiten soll. 

Ergänzend dazu wollen Mehr Demokratie e.V. und die Schöpflin Stiftung gemeinsam mit dem nexus Institut und IFOK einen Raum schaffen, in dem die Bürgerinnen und Bürger sich begegnen, einander zuhören und miteinander reden und streiten können. Im „Bürgerrat Demokratie“ soll gemeinsam überlegt werden, was unsere Demokratie stark macht und wie wir sie weiter stärken können. Denn das ist es doch, was die Demokratie allen anderen politischen Modellen überlegen macht: Ihre Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstkorrektur. 

In diesem Sinne wünsche ich dem Modellprojekt „Bürgerrat Demokratie“ eine rege Beteiligung. Ich bin gespannt auf Ihre zukunftsweisenden Vorschläge und Gedanken und würde mich über Ihre aktive Unterstützung der Initiative freuen. Denn Demokratie lebt vom Mitmachen!“

Grußwort von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble als PDF